Ein Treffen der bisherigen libyschen Außenministerin Nadschla al-Mangusch mit ihrem israelischen Amtskollegen Eli Cohen löste in den vergangenen Tagen gewaltsame Proteste in Tripolis aus und führte schließlich zur Entlassung der bisherigen Top-Diplomatin Libyens. Die Entscheidung des israelischen Außenministers Cohen, Einzelheiten seines geheimen Treffens mit seiner damaligen Amtskollegin in Libyen zu veröffentlichen, hat nun in Tel Aviv weitere Folgen, da man im Weißen Haus in Washington, D.C. Berichten zufolge "wütend" über den Schaden ist, den das Bekanntwerden des Treffens den von den USA geführten Bemühungen um eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Libyen und Israel zugefügt hat.
The Times of Israel zufolge traf sich am Montag die US-Botschafterin in Israel Stephanie Hallett mit Cohen, um gegen dessen Vorgehen zu protestieren, und bezeichnete es als "besorgniserregend" und "einen Fehltritt, der korrigiert werden" müsse. Ein ungenannter US-Beamter wurde mit den Worten zitiert, das Debakel habe den Gesprächskanal mit Libyen zerstört.
Al-Mangusch und Cohen hatten sich in der vergangenen Woche in Rom getroffen, um über "humanitäre Hilfe" vonseiten Israels, gemeinsame Projekte bei der Wasserversorgung und in der Landwirtschaft sowie über eine mögliche Kooperation der beiden Staaten zum Schutz jüdischer Stätten in Libyen zu sprechen. Das meldeten italienische Medien am Wochenende unter Berufung auf das Außenministerium in Rom. Das Gespräch am Mittwoch sei von dem italienischen Außenminister Antonio Tajani vermittelt worden, habe aber nicht im Palazzo della Farnesina – dem Sitz des italienischen Außenministeriums –, sondern an einem "neutralen und diskreten Ort" in Rom stattgefunden.
Channel 12 zitierte einen Mossad-Agenten mit den Worten, Cohens Verhalten habe "den in den letzten Jahren geknüpften Beziehungen immensen Schaden zugefügt", der dann noch resümierte: "Er hat die Brücke verbrannt. Es ist irreparabel." Als Reaktion auf diese jüngste Krise erließ der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu am Dienstag eine Direktive, die sein Büro dazu aufforderte, alle geheimen diplomatischen Treffen neu zu regeln. Das diplomatische Debakel begann am Sonntag, als Cohens Büro eine feierliche Erklärung veröffentlichte, in der es die Nachricht von seinem Treffen mit der damaligen libyschen Außenministerin Mangoush in Italien in der vergangenen Woche als "historisch" bezeichnete.
Kurz nach dem Bekanntwerden der Nachricht zogen Wellen von Demonstranten auf die Straßen in fast allen Städten, in denen Libyens Regierung der Nationalen Einheit (GNU) an der Macht ist, verbrannten Autoreifen und israelische Flaggen, stürmten Regierungsgebäude und forderten die sofortige Entlassung und Bestrafung von Mangoush. Der Premierminister Libyens im Osten des Landes hatte Mangusch bereits am Sonntag von ihren Aufgaben vorübergehend entbunden, um den Fall untersuchen zu lassen. In Libyen ist es laut einem Gesetz von 1957 illegal, Beziehungen mit Israel zu normalisieren.
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