Von Timur Fomenko
Mitte Dezember veranstaltete die Biden-Administration ein Gipfeltreffen mit den afrikanischen Staatschefs in Washington. Das Treffen, das erste seiner Art seit über einem Jahrzehnt, zielte darauf ab, das Engagement der USA auf dem Kontinent zu verstärken, um damit China entgegenzutreten.
Die USA sind zunehmend besorgt über Pekings wachsende Beziehungen zu den afrikanischen Nationen und beschuldigen ihren geopolitischen Rivalen, die afrikanischen Nationen in sogenannte "Schuldenfallen" zu treiben und weitere Taktiken der Expansion in der gesamten Region anzuwenden. Dementsprechend hat Washington zugesagt, dass es in den nächsten drei Jahren 55 Milliarden US-Dollar auf dem afrikanischen Kontinent investieren wird, obwohl es noch keinen Hinweis darauf gibt, woher dieses Geld herkommen soll.
Die wahren Ziele hinter diesen Bemühungen Washingtons sind offensichtlich, wie die Überschrift eines Artikels von AP veranschaulicht, mit dem Titel "China wirft einen langen Schatten auf den US-Afrika-Führungsgipfel". Washingtons Botschaft lässt sich wie folgt kurz zusammenfassen: "Die USA bieten den afrikanischen Partnern eine bessere Option." Wenn es nicht schon klar war, die USA haben mit ihrer neu entdeckten Liebe zu Afrika nur eines im Sinn, und das ist, ihre eigenen Interessen zu wahren und China entgegenzutreten. Hätte man sich ansonsten einen Deut um Afrika gekümmert? Definitiv nicht.
Wenn sich die USA für ein Land interessieren, werden sie sich immer als Botschafter des Allgemeinwohls und als Vertreter der "wahren" Interessen dieses Landes darstellen: Amerika hat alles, was ihr wollt, hat alles, was ihr braucht, und ihr solltet diesen schlechten Ländern, mit denen ihr es vielleicht zu tun habt, nicht vertrauen, denn sie planen definitiv, euch zu benutzen und zu missbrauchen. Auf dem China-Afrika-Gipfel wurde viel in diese Richtung gesagt, sogar bis zu dem Punkt, an dem US-Verteidigungsminister Lloyd Austin China grundlos beschuldigte, die Region zu destabilisieren.
Aber die Wahrheit ist, dass es einen grundlegenden Grund gibt, warum sich die afrikanischen Nationen in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend mit China beschäftigt haben, und das liegt nicht daran, dass China schlauer oder hinterlistiger ist, sondern vielmehr daran, dass Amerikas Bilanz auf dem Kontinent für sich selbst spricht. Die Handlungen der USA auf dem Kontinent sind eine Mischung aus totaler Fahrlässigkeit, Intervention in Form von Militäraktionen, Sanktionen oder schlimmer noch, der totale Raubbau an den afrikanischen Volkswirtschaften in den 1980er und 1990er Jahren durch Programme des IWF, die in vielen afrikanischen Ländern brutale neoliberale Sparprogramme erzwangen und die Lebensstandards der Bevölkerungen stark senkte.
Der Westen beschuldigt China gerne auch in Afrika eine sogenannte "Diplomatie der Schuldenfalle" zu betreiben und verbreitet die Behauptung, dass Peking afrikanische Nationen absichtlich mit Schulden belastet, um strategische Zugeständnisse von ihnen zu erhalten. Aber genau das hat der IWF auf dem afrikanischen Kontinent getan, und ein solches Vermächtnis ist ein historischer Faktor dafür, warum jetzt trotz der westlichen Umgarnung Afrikas, China dort als Wirtschaftspartner bevorzugt wird, denn in der Praxis steht Pekings Vorgehen völlig im Gegensatz zu dem, wie die Amerikaner und Europäer vorgegangen sind.
Zuallererst – und das scheinen die USA nicht zu verstehen – ist, dass China und die afrikanischen Nationen ein Erbe gemeinsamer revolutionärer und postkolonialer Geschichte teilen. In den 1950er, 60er und 70er Jahren wurde Afrika im übertragenen Sinne zum "jüngsten" Kontinent der Welt, weil dort zahlreiche neue Nationen in rascher Folge entstanden, als sie die Unabhängigkeit von europäischen Kolonialimperien erlangten. Dadurch veränderte sich die Weltkarte. Das China der Mao-Ära, das damals auch ein postkolonialer revolutionärer Staat war, galt für Afrika, in einer Zeit der Turbulenzen des Kalten Krieges, als Quelle der Unterstützung und Solidarität.
Die neuen unabhängigen afrikanischen Staaten mussten auf einem schmalem Grat zwischen den USA und der UdSSR navigieren. Viele gingen daher Partnerschaften mit China durch die "Bewegung der Blockfreien" ein, die zu einem Leuchtfeuer in der Dritten Welt wurde, im Sinne der Vermeidung beider politischer Blöcke in Ost und West und inmitten der chinesisch-sowjetischen Spaltung.
Das China der Mao-Ära unterstützte afrikanische Revolutionsbewegungen oft politisch, diplomatisch und militärisch. Dazu gehörte beispielsweise das Simbabwe von Robert Mugabe im Bush-Krieg von 1964 bis 1979, bei dem versucht wurde, den mit den Briten verbundenen Apartheidstaat Rhodesien zu stürzen. China wurde so zu einem Symbol afrikanischer Solidarität und des Widerstands; Chinas Weltanschauung fand bei den Afrikanern Anklang.
In der heutigen Zeit haben sich die Umstände natürlich geändert. China ist nicht mehr der revolutionäre Staat, der es einmal war. Doch seine historischen Verbindungen zu Afrika sind bestehen geblieben und in neue Prinzipien übergegangen, die immer noch die Idee der Blockfreiheit und die Solidarität des "globalen Südens" durch die Linse der Multipolarität widerspiegeln. China, das sich rasant entwickelt hat, hat angesichts dieser Hinterlassenschaft sein Engagement für Afrika gefördert und versprochen, den afrikanischen Ländern dabei zu helfen, voranzukommen, dabei jedoch jene Fallstricke zu vermeiden, die man ihnen in den Beziehungen zum Westen in den Weg gelegt hatte. Während westliche Länder wirtschaftliche Hilfe von der Durchsetzung einer liberalen Demokratie und einer neoliberalen Marktpolitik abhängig machen, gelobt China, die afrikanische Souveränität zu respektieren.
Hier ist ein aktuelles klares Beispiel für Washingtons Haltung. Während des US-Afrika-Gipfels verhängte die Biden-Regierung Sanktionen gegen den Sohn des Präsidenten von Simbabwe, obwohl man sich mit ihm treffen wollte, und beschuldigte ihn der Korruption. Nun, Korruption ist natürlich schlecht – wenn der Vorwurf zutrifft. Aber die Art und Weise und der Zeitpunkt dieser willkürlichen Entscheidung waren jedoch sowohl herablassend als auch beleidigend. Es zeigt, dass die USA afrikanische Nationen nicht gleichberechtigt behandeln und ihre inneren Angelegenheiten nicht respektieren. China würde so etwas niemals tun.
In diesem Fall sind Amerikas Absichten gegenüber Afrika sehr deutlich zu erkennen. Während einige afrikanische Nationen froh sein werden, mehr Aufmerksamkeit und mehr Vorteile von Washington zu erhalten, sind sie sich gleichzeitig bewusst, dass es völlig naiv wäre, ihr ganzes Vertrauen in die USA zu setzen, ein Land, das nicht nur einige ihrer schlimmsten wirtschaftlichen Erfahrungen zu verantworten hat, sondern nur deshalb in Afrika aufkreuzt, weil es China im Hinterkopf hat.
Glaubt man wirklich, dass wenn afrikanische Nationen nicht mit China zusammenarbeiten würden, ein solcher US-Afrika-Gipfel überhaupt zustande käme? Afrika bekommt nur einen Platz am Tisch der USA, weil diese davon besessen sind, Peking um jeden Preis zu konfrontieren. Afrika dient der USA als Steigbügelhalter, aber sicher nicht als Selbstzweck.
Aus dem Englischen.
Timur Fomenko ist ein politischer Analyst.
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