In Tunesien wurden eine nächtliche Ausgangssperre und ein Versammlungsverbot verhängt. Die Ausgangssperre zwischen 19 Uhr abends und 6 Uhr morgens gilt bis Ende August. Jede öffentliche Versammlung von mehr als drei Menschen ist untersagt.
Präsident Kais Saied hat die Übernahme der Regierungsgeschäfte in der Nacht von Sonntag zu Montag gegen Kritik verteidigt. Der entmachtete Ministerpräsident Hichem Mechichi kündigte an, sein Amt an den designierten Nachfolger zu übergeben. Am Montag wurden auch Verteidigungsminister Ibrahim Bartagi und die amtierende Justizministerin Hasna Ben Slimane entlassen.
Präsident Saied verteidigte die verhängten Maßnahmen auf einem Treffen mit Verbänden und Gewerkschaften. Er wies den Vorwurf eines Staatsstreichs zurück. Die tatsächliche Gefahr seien die prekäre Wirtschaftslage und die nur langsam laufenden Impfungen gegen das Coronavirus.
"Ist die Auflösung des Landes nicht eine unmittelbare Gefahr?", fragte Saied. Der frühere Juraprofessor hat beteuert, sich innerhalb des rechtlichen Rahmens der Verfassung zu bewegen. Kritiker halten dagegen, er habe seine Befugnisse überschritten.
Im Kampf gegen das Virus hatte Tunesien in den vergangenen Monaten bereits mehrfach Ausgangssperren verhängt. In dem Land mit rund elf Millionen Einwohnern werden täglich Tausende neue Corona-Zahlen gemeldet. Etwa ein Drittel aller Coronavirus-Tests fällt positiv aus. In Tunesien starben im Zusammenhang mit COVID-19 rund 19.000 Menschen.
Die Vereinten Nationen riefen alle Beteiligten in Tunesien zu Zurückhaltung auf. Die Türkei äußerte sich "tief besorgt" über die Aufhebung der Parlamentsarbeit. "Tunesien darf seine Fortschritte bei der Demokratisierung nicht vergeuden", sagte US-Regierungssprecherin Jen Psaki. Das Auswärtige Amt in Berlin teilte ebenfalls mit, die Entwicklungen in Tunesien "mit Sorge" zu beobachten. Das Land müsse "schnell zur verfassungsmäßigen Ordnung" zurückkehren.
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(dpa/rt)