Äthiopien: Regierung kündigt Waffenruhe in Konflikt-Provinz Tigray an

Seit November letzten Jahres toben Kämpfe zwischen einer regionalen Partei in der äthiopischen Provinz Tigray, die bis 2019 an der Zentralregierung beteiligt war, und Truppen der äthiopischen Armee. Nun verkündet Äthiopien überraschend eine Feuerpause.

Nach monatelangen Kämpfen hat die äthiopische Regierung eine Waffenruhe in der Bürgerkriegsprovinz Tigray im Norden des Landes angekündigt. Die Feuerpause trete sofort und ohne Vorbedingungen in Kraft, erklärte die Regierung in einer Mitteilung am Montagabend. Zuvor hatte sich bereits die Übergangsregierung der Provinz Tigray, mit Sitz in der Provinzhauptstadt Mekelle, für eine Waffenruhe und politische Lösung des Konflikts ausgesprochen.

Laut unbestätigten Meldungen auf Twitter soll die Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) angekündigt haben, die Feuerpause nicht einzuhalten.

Die Ankündigung der Waffenruhe kam für viele Beobachter überraschend. Nach noch nicht bestätigten Berichten auf Twitter sollen Vertreter der äthiopischen Zentralregierung überstürzt Mekelle verlassen haben. Berichten zufolge haben die Kämpfer der TPLF, die bis 2019 an der äthiopischen Regierungskoalition beteiligt war, bereits Positionen in der Stadt eingenommen. Die New York Times berichtete, dass angeblich Tausende Einwohner auf den Straßen den Einzug der TPLF feiern würden. Diese Berichte können jedoch derzeit nicht unabhängig verifiziert werden.

Die äthiopische Regierung gab an, die Feuerpause solle es Bauern in Tigray ermöglichen, ihre Felder zu bestellen, und humanitären Organisationen erlauben, ungehindert in Tigray zu arbeiten. Die Waffenruhe soll zunächst bis zum Ende der Erntesaison gelten.

Der UN-Sicherheitsrat soll sich mit dem Thema Tigray beschäftigen. Die USA, Großbritannien und Irland beantragten am Montag ein Treffen des mächtigsten UN-Gremiums. Ein Tag für die Sitzung stand Diplomaten zufolge noch nicht fest.

UN-Generalsekretär António Guterres telefonierte nach Angaben der Vereinten Nationen mit Ministerpräsident Abiy Ahmed. Guterres ließ danach mitteilen, dass er auf ein Ende der Kämpfe hoffe. Die Situation in Tigray sei "äußerst besorgniserregend". Erst vor wenigen Tagen war bekannt geworden, dass drei Mitarbeiter der Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" ermordet wurden. Wer hinter der Tat steckt, ist noch unklar.

Die Regierung in Addis Abeba hatte im November eine Militäroffensive gegen die TPLF begonnen, die bis dahin in der gleichnamigen Region im Norden Äthiopiens an der Macht war. Die äthiopische Regierung hatte der TPLF vorgeworfen, eine regionale Militärbasis angegriffen zu haben, um Waffen zu stehlen und somit eine regierungsfeindliche Miliz aufzurüsten.

Hintergrund des Konflikts sind jahrelange Spannungen zwischen der TPLF und der Zentralregierung. Inzwischen sind laut Berichten auch weitere Akteure beteiligt, darunter eritreische Truppen und Milizen. Hunderttausende Menschen in Tigray sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, allerdings hatten Hilfsorganisationen wegen der Sicherheitslage und bürokratischer Hürden lange keinen vollen Zugang zu allen Notleidenden.

(dpa/rt)