Der tansanische Präsident John Magnufuli gilt als großer Skeptiker der international praktizierten Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19. So machte der ehemalige Lehrer für Chemie und Mathematik mit einem speziellen Experiment international von sich reden: Um sich von der Effektivität der eingetroffenen PCR-Testkits ein eigenes Bild zu machen, unterzog er diese einem Qualitätscheck.
Den eigentlich für Menschen ausgelegten PCR-Test wendete er auf eine Papaya, eine Ziege und ein Schaf an. Das Ergebnis sorgte international für Aufsehen, da der Test sowohl für die Papaya als auch die Ziege angeblich ein positives Resultat zutage förderte. Die Ergebnisse ließ Magnufuli an die WHO schicken.
"Hier geht etwas vor sich. Ich sagte bereits, dass wir nicht akzeptieren sollten, dass jede Hilfe gut für diese Nation sein soll."
Allerdings zweifeln Experten an der Aussagekraft der von Magnufuli behaupteten Testergebnisse, zumal auch unklar ist, welche Tests dabei konkret verwendet wurden.
Der seit 2015 regierende Präsident des ostafrikanischen Landes verwahrte sich bislang dagegen, strenge Corona-Maßnahmen in Tansania zu verhängen. Seit April ließ die tansanische Regierung keine offiziellen COVID-19-Statistiken mehr durch das Gesundheitsministerium veröffentlichen.
Nun stellte sich Magufuli erneut quer. Am Mittwoch sprach das Staatsoberhaupt vor einer großen Menschenmenge im Nordosten des Landes – kaum jemand im Publikum mochte Mund und Nase mit einer Corona-Maske schützen. In seiner Rede stellte der ehemalige Industriechemiker die Wirksamkeit der nun weltweit vermarkteten Corona-Impfstoffe in Frage und riet dem Gesundheitsministerium davon ab, weiterhin Impfdosen zu verabreichen.
Laut Magufuli sind Corona-Impfungen für die ostafrikanische Nation "nicht von Vorteil".
"Impfstoffe funktionieren nicht. Wenn der weiße Mann dazu in der Lage war, nun mit (Corona-)Impfstoffen aufzuwarten, dann würde es Impfstoffe gegen AIDS geben, Impfstoffe hätten Tuberkulose der Vergangenheit angehören lassen. Impfstoffe gegen Malaria wären gefunden worden. Impfstoffe gegen Krebs wären gefunden worden."
Es sei zudem dubios, in welcher Geschwindigkeit die Corona-Vakzine entwickelt und dem Markt zur Verfügung gestellt worden sein. Magufuli kritisierte ebenfalls Tansanier, die sich im Ausland impfen ließen.
Einen Tag nach seinen Worten wurde Magufuli von der WHO zurechtgewiesen. So drängte der WHO-Regionaldirektor für Afrika, Matshidiso Moeti, die tansanische Regierung dazu, verlässliche Corona-Daten zu veröffentlichen, Maßnahmen zu ergreifen, um die eigene Bevölkerung zu schützen, und die Vergabe von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 zu fördern.
Ebenfalls am Mittwoch warnte Magufuli seine Landsleute davor, sich bei der Vergabe von Impfstoffen "als Versuchskaninchen" benutzen zu lassen. Stattdessen, so der gläubige Katholik, sollte die Bevölkerung weiterhin auf Gott vertrauen. Von seiner Regierung seien zumindest keine Einschränkungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Alltags zu erwarten. Unter dem Applaus der Anwesenden erklärte der 61-Jährige:
"Ich beabsichtige nicht, auch nur für einen Tag einen Lockdown anzukündigen, denn unser Gott lebt, und er wird die Tansanier weiterhin beschützen."
Zudem sollten seine Landsleute auf heimische Heilpflanzen und Kräutertinkturen zur Inhalation vertrauen. Tansania gehört zu etlichen afrikanischen Staaten, die zuletzt das Mitte 2020 in Madagaskar entwickelte Präparat COVID Organics importierten. Das Tonikum basiert auf der Heilpflanze Artemisia annua – in Deutschland als Einjähriger Beifuß bekannt. Der in der Pflanze enthaltene Wirkstoff und aus ihm gewonnene Derivate gelten weltweit als erfolgreich in der Therapie von Malaria.
Die WHO warnt jedoch vor dem Einsatz gegen COVID-19. Es fehle an zuverlässigen klinischen Tests. Auch das Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung nahm sich der Heilpflanze an, um zu untersuchen, inwiefern sie gegen SARS-CoV-2 aktiv sei. Im Juni 2020 wurde laut Angaben der Freien Universität Berlin nachgewiesen, dass "wässrige und ethanolische Extrakte von speziell gezüchteten Beifußpflanzen (A. annua) gegen das neue Coronavirus wirksam sind, welches der Auslöser der COVID-19-Pandemie ist". Klinische Studien sollten folgen.
Magufuli trägt den Spitznamen "Bulldozer". Vor allem zu Beginn seiner ersten Amtszeit 2015 machte er durch seinen – erfolgreichen – Kampf gegen Korruption auch hierzulande Schlagzeilen. Auch im Kampf gegen Infektionskrankheiten zeichnete er sich aus. So sagte Magufuli am 19. Tag seiner Präsidentschaft die Feierlichkeiten zur Unabhängigkeit von Großbritannien kurzerhand ab – zum ersten Mal in der jungen Geschichte des Landes. Die dafür ausgegebenen Gelder würden besser in den Kampf gegen die Cholera investiert.
In den drei Monaten zuvor hatte die berüchtigte bakterielle Infektionskrankheit 60 Menschen im Westen Tansanias das Leben gekostet. Es wäre "beschämend", riesige Geldsummen für die Feierlichkeiten auszugeben, wenn "unser Volk an Cholera stirbt", erklärte Magufuli.
Auch den Leiter des größten staatlichen Krankenhauses entließ Magufuli, nachdem er bei einem Überraschungsbesuch in der Einrichtung Patienten auf dem Boden schlafend vorgefunden hatte.
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