Die Republik Südafrika ist aktuell schwer von der COVID-19-Pandemie betroffen. Laut der Johns Hopkins University werden dort etwa 1,38 Millionen positive Corona-Befunde gezählt und 39.500 Todesfälle stehen im Zusammenhang mit COVID-19 (Stand: 22. Januar) – bei einer Bevölkerung von knapp 60 Millionen. Allein 440.000 Befunde und 14.225 Todesfälle stammen aus dem letzten Monat. Eine neue, ansteckendere Mutation des Coronavirus soll in Südafrika ihren Ursprung haben. In dieser Krisensituation liegen die Hoffnungen der südafrikanischen Regierung um Präsident Cyril Ramaphosa auf den Impfstoff des britischen Herstellers AstraZeneca.
Nach Angaben des britischen Nachrichtenportals The Guardian hat Südafrika einen Vertrag mit AstraZeneca geschlossen über den Kauf von 20 Millionen Dosen des Impfstoffes mit Lieferung bis Mitte 2021. Die Impfdosen, die von AstraZeneca in Zusammenarbeit mit der University of Oxford entwickelt wurden, werden beim Serum Institute of India hergestellt. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, der Preis für eine Dosis solle bei 5,25 US-Dollar liegen (4,32 Euro) – mehr als das Doppelte des Preises, den AstraZeneca für die EU berechnet.
Im November gab das Unternehmen AstraZeneca bekannt, es würde seinen Impfstoff in der EU für drei US-Dollar (2,50 Euro) verkaufen, um "die größtmögliche Bevölkerung mit Impfstoffen zu versorgen, zu so fairen Bedingungen wie möglich". Mitte Dezember leakte die belgische Staatssekretärin für Budget und Verbraucherschutz im Justizministerium Eva De Bleeker auf Twitter die Preise von sechs unterschiedlichen Corona-Impfstoffen. Demnach sollte der Preis des AstraZeneca-Impfstoffs für belgische Regierung sogar bei 2,16 US-Dollar (1,78 Euro) liegen.
Südafrikas stellvertretender Gesundheitsdirektor Anban Pillay bestätigte gegenüber der südafrikanischen Zeitung Business Day, dass ein Preis von 5,25 US-Dollar von AstraZeneca erhoben wurde. Das Unternehmen begründete den höheren Preis damit, dass andere Länder sich an der Forschung und Entwicklung beteiligt hätten.
"Sie gaben uns als Erklärung, warum andere wohlhabendere Länder einen niedrigeren Preis bezahlen müssten, dass diese sich in Forschung und Entwicklung investiert hätten und deswegen einen Preisnachlass erhalten."
Brisant ist, dass etwa 2.000 Südafrikaner als Freiwillige in der Testphase des Impfstoffes mitgewirkt haben – dieser Beitrag zur Entwicklung wird offenbar nicht angerechnet. Zudem ermittelte Reuters, dass AstraZeneca einen Vertrag über die Lieferung von etwa 100 Millionen Impfdosen an die Afrikanische Union geschlossen hat – zu einem Preis von drei US-Dollar pro Impfdosis. Das Unternehmen hat bislang keine Stellungnahme zu den erhöhten Preisen für die Republik Südafrika abgegeben.
Die südafrikanische Regierung sieht sich mit Vorwürfen der Opposition konfrontiert, sie habe nicht hart genug mit dem britischen Unternehmen verhandelt. Außerdem wird Intransparenz vorgeworfen. Die Regierung verweist auf die zugespitzte Corona-Krise im Land und auf die Notwendigkeit, zeitnah an Impfstoffe zu gelangen.
Rückendeckung bekommt sie vom katholischen Hilfswerk Misereor. Die Organisation betonte die dramatische Lage in Südafrika und die Notwendigkeit, dem Land zu helfen. Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel sieht eine systematische Benachteiligung vieler Länder des globalen Südens bei der Verfügbarkeit von Impfstoffen. Er fordert eine "Impfgerechtigkeit" und eine "faire und flächendeckende Verteilung der Impfpräparate".
"Die Armgemachten und Verletzlichsten müssen dabei eine Priorität haben."
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