Totals Mega-Ölprojekt in Ostafrika: "Umweltkatastrophe" und "Menschenrechtsverletzungen" inklusive

Von Uganda bis an die Küste Tansanias soll die Pipeline für den Export von Rohöl verlaufen. Zudem werden vor Ort hunderte von Bohrlöchern gebohrt. Mit den Menschenrechten und dem Umweltschutz nimmt man es dabei nicht so genau. Das behaupten französische und ugandische Aktivisten.

Die Menschenrechte von mehr als 100.000 Menschen in Uganda und Tansania seien im Zusammenhang mit den Ölgeschäften des französischen Ölkonzerns Total in Uganda verletzt worden. Diese massiven Anschuldigungen gehen auf einen Bericht zweier französischer Menschenrechtsorganisationen zurück.

Zwischen Juni und September führten die Organisationen Friends of the Earth France (FoE) und Survie eine Feldstudie durch, um ihre Anschuldigungen zu untermauern. In dem Bericht heißt es, dass "die Frage der Landnahme im Mittelpunkt der Verletzungen steht, die die betroffenen Gemeinden erleiden".

Nun streben sie einen Gerichtsbeschluss an, der den Ölmulti unter Berufung auf französisches Recht dazu verpflichten soll, offenzulegen, wie es mit den negativen Auswirkungen seiner Aktivitäten umzugehen gedenkt.

Zusammen mit vier ugandischen Verbänden will man das französische Gesetz über die Sorgfaltspflicht durchsetzen, das die Muttergesellschaften in Frankreich niedergelassener multinationaler Konzerne gesetzlich dazu verpflichtet, Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden im Zusammenhang mit den eigenen Aktivitäten auf der ganzen Welt zu verhindern. Sieben Richter sind nun mit dem Fall betraut. Ein Urteil steht noch aus.

Auf etwa 30 Seiten prangern die Nichtregierungsorganisationen das Tilenga-Projekt des französischen Ölkonzerns Total an. Dieses sieht die Bohrung von mehr als 400 Bohrlöchern vor, darunter mindestens 132 in einem ugandischen Naturschutzgebiet. Hinzu kommt das Total-Projekt zum Bau der East Africa Crude Oil Pipeline (EACOP), der längsten beheizten Ölpipeline der Welt, die Uganda und Tansania durchqueren wird.

In Frankreich besteht dringender Handlungsbedarf, um diese Menschenrechtsverletzungen zu stoppen und eine neue Umweltkatastrophe zu verhindern. Betroffene Gemeinden, Mitglieder der Partnerorganisationen und Journalisten in Uganda, die es wagen, die negativen Auswirkungen dieser Projekte anzuprangern, sehen sich Drohungen, Schikanen und Verhaftungen ausgesetzt", erklärte Juliette Renaud der Organisation Friends of the Earth.

Unter Berufung auf "massive Vertreibungen der Bevölkerung" im Zusammenhang mit den beiden Projekten kritisieren die Organisationen das rücksichtslose Vorgehen des Ölkonzerns gegen die lokale Bevölkerung.

Zehntausende von Menschen sind jetzt betroffen und im Begriff, ihre Existenzgrundlage zu verlieren; einer der wichtigsten Verstöße (...) ist die Beschränkung der Nutzung ihres landwirtschaftlichen Landes, von dem sie für ihr Überleben abhängen (...) lange bevor sie eine Entschädigung erhalten", heißt es im Bericht.

"Im Jahr 2019 betonten wir die Notwendigkeit dringender Maßnahmen, um sicherzustellen, dass sich diese Verletzungen nicht in großem Umfang wiederholen. Was wir befürchtet haben, ist leider Wirklichkeit geworden und betrifft rund 100.000 Menschen in Uganda und Tansania", so Renaud.

Die Menschenrechtsorganisationen zeigten sich auch kritisch gegenüber den ökologischen Folgen der Ölprojekte. Mehr als 50 Prozent der Vogelarten und 39 Prozent der Säugetierarten, die auf dem afrikanischen Kontinent vorkommen, seien im betroffenen Albertsee-Becken vertreten.

Das EACOP-Projekt (...), eine gigantische, 1.445 km lange und auf 50 Grad erhitzte Pipeline, wird das vom Ufer des Albertsees in Uganda geförderte Öl an die Nordostküste Tansanias transportieren", prangern die Aktivisten an.

Zudem gingen beide Projekte mit einer massiven Vertreibung der lokalen Bevölkerung einher.

Das vergangene Jahr war auch geprägt von einer Zunahme der Drohungen, Einschüchterung und Verfolgung von Gemeindevertretern, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Journalisten, die sich mobilisieren und öffentlich die negativen Auswirkungen der Ölentwicklung in Uganda anprangern", hieß es weiter.

Derweil wies Total die Behauptungen, das Unternehmen habe gegen Menschenrechte verstoßen, in einer Erklärung zurück. Man habe das "Projekt mit dem Ziel konzipiert, die negativen Auswirkungen auf die Bewohner der Region so gering wie möglich" zu halten.

Niemand musste sein Land verlassen, bevor er eine angemessene Entschädigung sowohl für Land als auch für Ernten erhalten hat", erklärte der Ölkonzern.

Zudem habe man mit den ugandischen Behörden ein "Zwischenzahlungssystem diskutiert, um die Zeit zu berücksichtigen, die zwischen den Bewertungen und der tatsächlichen Zahlung der Entschädigung vor der Übertragung des Besitzes des betreffenden Landes verstrichen ist".

Total bekräftigte "seine Ablehnung der Anschuldigungen von Menschenrechtsverletzungen und erklärt erneut, dass es keinerlei Aggressionen, physische oder rechtliche Drohungen gegen diejenigen, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung, friedliche Demonstration und Versammlungsfreiheit ausüben, duldet oder dazu beiträgt", hieß es weiter.

Ein französisches Gericht hatte zuvor entschieden, dass es nicht in seinem Zuständigkeitsbereich liege, den Fall zu beurteilen. Die Aktivisten legten gegen die Entscheidung Berufung ein, ein weiteres Urteil wird nächste Woche erwartet.

Derweil unterzeichneten die tansanische Regierung und die französische Ölgesellschaft am 26. Oktober ein Abkommen, das den Weg für den Bau der Rohöl-Pipeline von Hoima in Uganda zum Hafen von tansanischen Tanga ebnen soll.

Die Umsetzung des 3,5 Milliarden US-Dollar schweren EACOP-Projekts für den Export von Rohöl soll im Februar nächsten Jahres beginnen und dreieinhalb Jahre dauern.

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