Wieder mal "typisch Afrika" wird sich der eine ohne andere denken, nachdem in Mali ein Putsch stattfand und eine "Militärjunta" den bisherigen Präsidenten Ibrahim Boubacar Keïta aus dem Amt drängte und mit ihrem Nationalrat zur Rettung des Volkes (CNSP) die Macht übernahm. Längst aus dem Kurzzeitgedächtnis gelöscht sind die Umstände, die überhaupt erst zur desolaten Situation im einst als "Musterdemokratie" geltenden Sahelstaats geführt haben. Marodierende sogenannte "islamistische Rebellen" machen seit dem NATO-Sturz des libyschen Staatsoberhaupts Muammar al-Gaddafi die gesamte Region unsicher.
Doch die westliche Staatengemeinschaft wäscht ihre Hände in Unschuld. Stattdessen schickte das für die libysche Katastrophe ursächlich verantwortliche Frankreich Truppen nach Mali. Auch die deutsche Bundeswehr ist mit etwa 1.500 Soldaten vor Ort, um gemeinsam die Lage zu "stabilisieren" – selbstverständlich ausgestattet mit einem UN-Mandat (MINUSMA), um dem Ganzen den Anstrich einer "humanitären Mission" zu geben.
Die EU leistet sich mit EUCAP und EUTM auch gleich zwei Missionen, um Soldaten und Polizisten auszubilden. Letztere Mission wurde 2013 aus der Taufe gehoben, nachdem Mali nach dem libyschen Desaster 2012 vorübergehend in die Hände islamistischer Milizen gefallen war und Tuareg-Rebellen eine unabhängige Republik ausgerufen hatten. Das Land drohte zu zerreißen. Die Brandstifter kehrten als Feuerwehr zurück, Frankreich rückte mit Tausenden Soldaten ein, und bei all den "Missionen", die seitdem ins Leben gerufen wurden, mischt die Bundeswehr selbstverständlich kräftig mit. Gerne wurde in diesem Zusammenhang auch von "Ertüchtigung" der malischen Sicherheitskräfte gesprochen – in Afrika geht das.
Das Mandat erlaubt auch den Einsatz von Waffen", heißt es seitens der Bundeswehr.
Hatte Mali je eine andere Wahl, als das "Hilfsangebot" aus den Reihen der Wertegemeinschaft anzunehmen? Trotz alledem spitzte sich die Lage auch im westafrikanischen Mali immer weiter zu. Dem zumindest offiziellen Ziel, den Islamisten das Handwerk zu legen, sind die selbstlosen Helfer aus Übersee offensichtlich jedoch keinen Schritt nähergekommen.
Seit Monaten protestierten die Malier nicht nur gegen ihre bisherige Regierung, sondern auch gegen die Präsenz französischer Truppen in ihrer Heimat. Letzteren unterstellen sie, die Konflikte im Land nicht wirklich zu bekämpfen, sondern in neokolonialer Manier Chaos zu schüren und die gesamte Region gezielt zu destabilisieren. Daher begrüßen weite Teile der Malier den Militärputsch im Land als kleinen Hoffnungsschimmer. Sie fordern das, wofür auch die deutsche Außenpolitik nach eigenen Selbstverständnis zu stehen vorgibt: den Kampf gegen Korruption, Demokratie, Freiheit und Entwicklung.
Davon vollkommen unbeeindruckt, verurteile die Bundesregierung den Putsch der "Junta" und rief dazu auf, die "verfassungsmäßige Ordnung" im Land umgehend wiederherzustellen. Dies sei Grundlage für eine Fortsetzung der selbstlosen Einsätze.
Gleichzeitig wird berichtet, dass einige der Putschisten auch von der Bundeswehr "ertüchtigt" wurden, unter anderem an der Bundeswehr-Universität in München.
Dass einige der führenden Köpfe der Putschisten auch Ausbildung in Deutschland und in Frankreich genossen haben, das ist bekannt", erklärte derweil Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell weiß derweil zu berichten, dass "die vier prominentesten Putschisten" keine Ausbildung durch die EU erfahren hätten, sondern in den USA, Russland und Großbritannien.
"Wir bilden Soldaten nicht zu Putschisten aus", erklärte er schlicht.
90 Prozent der malischen Armee sind von unserer Mission ausgebildet worden, aber die vier prominentesten Anführer [des Putsches] sind nicht von unserer Mission trainiert worden – sie wurden in Russland und in den USA ausgebildet", erklärte Borrell.
Laut dem EU-Außenbeauftragten sollen die derzeit ausgesetzten Einsätze in dem westafrikanischen Land jetzt so schnell wie möglich wieder aufgenommen werden. Schließlich habe die EU in Mali "viel investiert" und wolle dies nicht aufs Spiel setzen.
Das Engagement ist weiter notwendig, weil der Terrorismus nach wie vor eine große Bedrohung auch für uns hier ist", erklärte auch Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer bei einem Treffen mit ihren Kollegen Florence Parly und Ben Wallace am 21. August in Dillingen.
"Sie verlassen nicht mehr das Feldlager", erklärte eine Sprecherin des Einsatzführungskommandos in Geltow bei Potsdam zu den in Mali stationierten Bundeswehrsoldaten.
Diese aus der Not geborene Ansage soll für die EU-Einsätze und die MINUSMA-Mission gelten, für welche deutsche Soldaten in Gao im Norden des Landes stationiert sind.
Die aufständischen Militärs in Mali haben nach eigenen Angaben Präsident Ibrahim Boubacar Keïta nach mehr als einer Woche in Gewahrsam freigelassen. Der westafrikanische Staatenverbund ECOWAS bemüht sich, in der Krise zu vermitteln.
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