Wikileaks-Gründer Assange zu RT-Chefredakteurin: Sie werden versuchen euch auszuschalten
Margarita Simonyan, Chefredakteurin von RT International, in einem Blogbeitrag zu ihrem kürzlichen Treffen mit Julian Assange und dem endlosen Medienkrieg gegen RT.
Als ich letzte Woche in London war, besuchte ich Julian Assange in der Ecuadorianischen Botschaft. Wir sprachen natürlich vertraulich, deshalb werde ich nicht zu viel ausplaudern, sondern nur das schreiben, was Julian unbedingt veröffentlichen möchte, bevor es zu spät ist.
Julian erzählte mir gleich zu Beginn des Treffens eine aufschlussreiche Geschichte über einen kurdischen Fernsehsender, der in Dänemark geschlossen wurde. Auf diese Geschichte, wie auf so viele andere - von diplomatischen Depeschen mit undiplomatischen Kommentaren zu hunderten nicht untersuchten Kriegsverbrechen im Irak - wurde er aufmerksam durch ein geleaktes Kryptogramm.
Etwas ist faul im Staate Dänemark...
Es war einmal ein Kurdisches TV-Netzwerk in Dänemark. Es könnte genauso gut irgendwo anders gewesen sein, aber an die besseren Märkte kam der Kanal nicht heran. Der Sender, Roj TV, hatte türkische Kurden als Zielgruppe und machte die türkischen Behörden sehr wütend.
Die türkischen Behörden drängten ihren NATO-Partner Dänemark den Sender unter einem plausiblem Vorwand zu schließen. Aber Dänemark zögerte, nach mehrfachen Durchsuchungen wurde keinerlei Terror-Propaganda gefunden und es gab keine rechtlich plausible Begründung für eine Schließung. So verweigerte man zunächst der Türkei ihren Wunsch nach Schließung des Kanals – Dänemark sei schließlich eine Demokratie.
Doch die "Demokratie” konnte sich nicht lange behaupten. Nur so lange, bis der Premierminister Anders Fogh Rasmussen beschloss Generalsekretär der NATO zu werden. Da aber intervenierte die Türkei und blockierte seine Kandidatur! Genau, wegen des kurdischen Senders bei dem Dänemark so stur war. Also kamen die hohen Repräsentanten des Landes zusammen und einigten sich darauf, dass das Verbot des kurdischen Senders als Preis nicht zu hoch war – für eine so hohe Position bei einer so wichtigen Organisation wie der NATO.
WikiLeaks hat in diesem Zusammenhang eine Depesche veröffentlicht, in der US Präsident Obama persönlich seine Verbündeten drängt, sich etwas zu überlegen, um den Fall "kreativ" zu lösen, so dass die zivilisierten Nationen nicht angeklagt werden die Redefreiheit zu unterdrücken. Und das taten sie. Pfeif doch auf die Demokratie.
"Das Gleiche kommt auf euch auch zu," sagte Julian zu mir. Leider habe ich wenig Zweifel, dass er Recht hat.
Kaum war ich aus London zurück, als das US-Repräsentantenhaus mit überwältigender Mehrheit eine Resolution verabschiedet hatte, die unter anderem US-Beamte in Europa dazu aufruft, "den politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Einfluss von Russland und aus Russland finanzierte Medien einzuschätzen und mit den Gastgeber-Regierungen geeignete Antworten zu koordinieren."
In anderen Worten, die US-Regierung würde Europa unter Druck setzen uns dort rauszuschmeißen. Und das passiert schon. Im letzten Jahr wurden wir Zeuge von einigen nicht besonders angenehmen Trends.
1. Druck auf unsere Angestellten
Der Chefredakteur von Radio Free Europe/Radio Liberty schreibt, dass "junge Journalisten merken, dass eine kurze Zeit bei RT ein Hindernis ist, woanders einen Job zu bekommen." Und er ist mit seiner Meinung nicht allein. Manchmal schlagen diese Geschichten hohe Wellen (siehe Liz Wahl und TruthDig), manchmal bringt der Druck die Leute dazu still zu kündigen. Oft genug bringt es jedoch Empörung mit sich und den Wunsch, zurückzukämpfen und noch härter zur Verteidung seiner Wahrheit zu arbeiten.
2. Horden westlicher Medienkanäle versuchen unsere Arbeit zu diskreditieren.
Im Laufe weniger Wochen hat allein der Guardian ein halbes Duzend Artikel über RT veröffentlicht, die alle so zusammengefasst werden können:
"Warum vergiftet Putins Propaganda die unwissenden Geister auf der groß(artig)en Britischen Insel?"
Ich kann mich an keinen bekannten westlichen Nachrichtensender erinnern, der keine selbstgerechte Moralpredigt gegen RT veröffentlicht hat. [RT Deutsch ging es da auch nicht anders].
Die CNN hatte die RT Korrespondentin Anissa Naouai eingeladen "über die Ukraine zu sprechen." Am Ende ging es weniger über die Lage in der Ukraine, als über RT und wie schrecklich und abstoßend propagandistisch es ist. Aber Anissa ist sehr schlagfertig und läßt sich nicht aufs Glatteis führen, deshalb wurden ihre besten Antworten und Gegenfragen auch herausgeschnitten.
Unsere staatliche Finanzierung macht uns zu "Regierungspropaganda," während andere staatlich finanzierten Medien wie Deutsche Welle, France 24 und sogar Al Jazeera im "freien Europa" frei senden können, ohne dass ständig mit dem Finger drauf gezeigt wird oder die immer gleichen Anschuldigungen permanent wiederholt werden.
Dabei wird bei den Zahlen der Finanzierung kräftig übertrieben. Der Guardian hat sogar die russischen Medienexpertinnen Pussy Riot zitiert, die über Nacht unser Budget verdreifacht haben.
3. Ausdrückliche Drohungen die Sendelizenz zu entziehen
In der jüngsten Vergangenheit gab es neun Warnungen von Ofcom, der britischen Medienaufsicht. Sie mögen uns nicht. Es wäre verständlich, wenn sie glatte Lügen, faktische Fehler oder andere Mängel gefunden hätten. Haben sie aber nicht. Brauchen sie auch nicht. Es reicht ihnen zu denken, dass wir voreingenommen wären, wie bei dem einen Bericht über die Ukraine, in dem wir kein Mitglied der Interimsregierung interviewt hatten oder als wir über Libyen berichteten ohne die Argumente der NATO darzustellen.
4. Druck auf unabhängige Experten, die bei RT auftreten
Mein Freund Stephen Cohen, ein kluger und gebildeter amerikanischer Gelehrter und Experte zu Russland, der auch mit Michael Gorbatschow befreundet ist, sagte mir, er hätte selbst im Kalten Krieg nicht solchen Druck erlebt. Immer wenn er bei RT auftritt oder sich dem Chor der Mainstreammedien gegen uns nicht anschließt, wird er sofort von den anderen Medien angegriffen. Das passiert leider sehr oft.
Ficht uns das an? Natürlich tut es das. Ich glaube, dass viele Angestellte von RT es leid sind, ständig mit irgendwem kämpfen zu müssen. Es ist ermüdend, immer wieder gefragt zu werden, "Wie oft ruft Putin bei Dir an?" oder bei Interviews die Worte im Mund verdreht zu bekommen.
Ich persönlich hasse Kämpfe, egal ob mit dem Nachbarn oder mit internationalen Medien. Es macht keinen Spaß, motiviert mich nicht, macht mich nicht stärker. Es nervt nur und lenkt mich von wichtigen Dingen ab. Oft möchte ich zur Seite gehen und mein normales Leben leben, mit meinen zwei süßen Kindern, einen netten Blog schreiben über Liebe und den Sommer und Kuchen backen.
Und dann erinnert mich etwas daran, warum ich das hier tue – zum Beispiel letzte Woche, als die ecuadorianische Botschaft nach dem Gespräch mit Julian Assange verließ.
Man darf sein Mobiltelefon nicht mit in die Botschaft hinein nehmen, deshalb gab ich es beim Pförtner ab. Als ich es wieder abholen wollte, hat der freundliche Mann mit mir geflirtet, dass er es mir nur zurückgibt, wenn ich ihm ein Lächeln schenkte, was ich tat. Er gab mir mein Telefon zurück und fragte, was ich beruflich tat – es ist mit Sicherheit spannend zu wissen, wer Assange besucht.
"Schauen Sie RT? Ich bin die Chefredakteurin des Senders."
Sein Gesicht veränderte sich und er stand auf, als wolle er salutieren. "Stimmt das? Wirklich? Das kann nicht wahr sein!" Ich gab ihm meine Karte als Beweis und er bat mich sie zu signieren, "als Beweis für seine Familie." Er erzählte mir, dass seine ganze Familie RT schaue, "weil wir sonst nicht wüßten, was in der Welt passiert, wie all jene Narren, die nur BBC schauen."
Warum ich Ihnen das alles sage? Nur dass Sie wissen, dass alle Versuche uns runterzumachen vergeblich sind. Wird nie passieren.