Zuschauermanipulation - Erneut formale Programmbeschwerde gegen das ZDF Heute-Journal
Die Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien e.V. hat formal Programmbeschwerde gegen den Beitrag des ZDF Heute-Journals "Lemberg kämpft für mehr Europa" eingelegt. Der Vorwurf lautet auf "geschichtsvergessene Darstellung", kritiklose Übernahme von ukrainisch-nationalistischen Narrativen sowie Verschweigen der SS-Vergangenheit eines Interviewten.
In ihrer Programmbeschwerde an die ZDF-Intendanz vom 30. November 2014 konkretisiert die Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien e.V. ihre Vorwürfe wie folgt:
1. Der 90-jährige Iwan Mamschtur wird in dem Beitrag von ZDF-Korrespondent Armin Coerper lediglich als ehemaliger KGB-Häftling und als Fürsprecher eines von Europa zu unterstützenden Kampfes der Freiheit der Ukraine gegen Russland dargestellt. Verschwiegen wurde dem Zuschauer, dass es sich bei Ivan Mamtschur um einen Veteranen der Waffen-SS Galiziens und der faschistischen OUN handelt, die erwiesener Maßen die Verantwortung für Massaker an der Zivilbevölkerung von Huta-Pieniacka, Podkamień und Palikrowy trugen.
2. Im Zuge einer kritiklosen Übernahme des westukrainisch-nationalistischen Narrativs wird Stephan Banderas Kollabaroration mit den Nazis als Kampf für die Freiheit des ukrainischen Volkes [vom ZDF] verherrlicht.
Die Publikumskonferenz schlüsselt im weiteren Verlauf die Gründe ihrer formellen Beschwerde detailliert und gut belegt auf. Recherchen der Propagandaschau untermauern die Darlegungen.
Das ZDF berichtet in sehr wohlwollender Weise von Iwan Mamtschur, den der Sender dem Zuschauer lediglich als alten, weißhaarigen Mann und ehemaliges Opfer und Häftling eines KGB-Gefängnisses in Lwiw (Lemberg) präsentiert. Mit keinem Wort wird erwähnt, wieso Mamtschur, der vom ZDF-Reporter mit fehlender journalistischer Distanz nur „Iwan“ genannt wird, im Gefängnis einsaß. Mamschtur war Mitglied der faschistischen OUN und der Waffen-SS Galizien, deren Teilnahme an etlichen Gräueltaten gegenüber Zivilisten (z.B. am Massaker von Huta Pieniacka) als gesichert gilt.
Die Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien führt in ihrer Beschwerde Videomaterial an, welches beweist, wie bei der feierlichen Umbettung der Gebeine von Mitgliedern der ukrainischen SS-Division Galizien im Jahr 2013 Mamtschur in der ersten Reihe steht. Der Bericht lief im russischen Fernsehen und zeigt zudem wie ukrainische Nationalisten in voller SS- und Wehrmacht-Montur die Trauerfeier bestreiten, Ehrensalven inklusive.
Die Publikumskonferenz verweist auch auf ein Interview mit Kommersant-Ukraine anlässlich des 66. Jahrestages der Gründung der SS-Division Galizien 2009, in dessen Verlauf sich Mantschur selbst zum Helden erklärt.
Den zweiten Vorwurf der unkritischen Übernahme von ukrainisch-nationalistischen Mythen durch den ZDF-Korrespondenten Coerper untermauert die Publikumskonferenz ebenfalls faktenreich.
Ab Minute 18:03 trifft Armin Coerper im Rahmen seiner Reportage folgende Feststellung: "Er [Stephan Bandera] hat mit den Nazis paktiert gegen die Sowjets mit dem Ziel der Freiheit für sein Volk."
Dieser vom ZDF-Korrespondenten Coerper unkritisch übernommene westukrainisch-nationalistische Mythos, wonach Stephan Bandera lediglich zum Zwecke der "Freiheit für sein Volk" mit den Nazis zusammengearbeitet hätte, unterschlägt, laut der Publikumskonferenz, "zugunsten der Täterperspektive unstrittige historische Fakten und missachtet nicht nur, aber auch die ukrainischen Opfer Banderas". Danach führt die Konferenz zahlreiche Historiker aus verschiedenen politischen und wissenschaftlichen Lagern an, die in Hinsicht auf Bandera und die OUN zu einem eindeutigen Urteil kommen:
"Dessen [Banderas] Bewegung war stark am Holocaust beteiligt." (Anders Rudling, Lund University)
"Stephan Bandera war einer der berüchtigtsten ukrainischen Faschisten, Terroristen und Nazikollaborateure, der verantwortlich war für Hunderte, wenn nicht Tausende von polnischen, russischen, jüdischen und ukrainischen Toten. Er spielte eine Schlüsselrolle bei terroristischen Aktivitäten in Polen und anderen Ländern." (Anton Shekovtsov, ukrainischer Rechtsextremismusforscher)
"Die Freiheit [die Bandera laut ZDF für sein Volk anstrebte], sah vor, dass alle als Nichtukrainer bezeichneten nationalen Minderheiten sowie alle politischen Feinde liquidiert werden sollten" (G. Rossolinski Liebe, Freie Universität Berlin, S. 216).
"Bandera sah eine faschistische Ein-Parteien-Diktatur ohne nationale Minderheiten vor" (Timothy Snyder, Yale University)
"Die von Bandera angeführte OUN war eine terroristische Organisation, die involviert war am Massenmord von Tausenden Zivilisten und Kriegsgefangenen" (Ivan Kachanovski, University of Ottawa). Die Ständige Publikumskonferenz der öffentlich-rechtlichen Medien e.V. fordert in ihrer Programmbeschwerde abschließend das ZDF zu einer „ lückenlosen Aufklärung darüber auf, wie es zu solch einer geschichtsvergessenen Darstellung kommen konnte“.
Die im Februar 2014 gegründete Vereinigung hat sich zur Aufgabe gemacht, eine unabhängige und demokratische Kontrollinstanz für die öffentlich-rechtlichen Medien in der Bundesrepublik zu etablieren. Seit Februar 2014 hat sie bereits 35 formale Programmbeschwerden gegen ARD und ZDF eingereicht.