Ex-Ministerpräsident Platzeck - Gallier der sozialdemokratischen Geopolitik?
Brandenburgs früherer Ministerpräsident und Vorsitzender des Deutsch-Russischen Forums, Matthias Platzeck (SPD), hat sich für die völkerrechtliche Legalisierung der Krim-Angliederung ausgesprochen. Er steht aber mit diesem Vorschlag innerhalb der SPD auf verlorenem Posten.
"Die Annexion der Krim muss nachträglich völkerrechtlich geregelt werden, so dass sie für alle hinnehmbar ist", erklärte Platzeck im Interview mit der "Passauer Neuen Presse".
Brandenburgs ehemaliger Ministerpräsident spricht sich für eine von OSZE-Beobachtern kontrollierte Wiederholung des Referendums vom Frühjahr aus und verweist darauf, dass Russland mit "finanziellen Leistungen" an die verschuldete Ukraine einen Ausgleich schaffen könnte. "Das müssen Kiew und Moskau aushandeln", sagte der Vorsitzende des Deutsch-Russischen Forums.
Für Platzeck ist in der jetzigen Situation "kaum vorstellbar, dass Donezk und Lugansk nach allem, was passiert ist, einfach wieder in den ukrainischen Staatsverband zurückkehren."
Darüber hinaus kritisiert der ehemalige SPD-Vorsitzende das reflexhafte Vorgehen des Westens und fordert ein langfristig orientiertes Verhalten, dass Folgen und Reaktionen bereits im Vorhinein erkennen sollte. "Der Klügere gibt auch mal nach", erklärte Platzeck, vor allem wenn dadurch zu einer Lösung des Problems gefunden werden kann. Zudem gab er zu Bedenken, dass man in Betracht ziehen sollte, wer nach Putin käme und ob dies im Interesse des Westens sei. Nach Platzecks Meinung erscheint Putin als das kleinere Übel, verglichen mit anderen deutlich EU-kritischeren und nationalistischeren Kandidaten, wie beispielsweise den Politikern Wladimir Schirinowski und Gennadi Sjuganow.
Ein weiteres aggressives Vorpreschen könnte nach Meinung des früheren Ministerpräsidenten in der zweitgrößten Nuklearmacht der Welt zu politischer Instabilität führen, was "brandgefährlich" und mit "unabsehbaren Folgen" verbunden wäre.
In der Zwischenzeit distanzierte sich die SPD-Bundestagsfraktion von Platzecks Vorschlägen. Niels Annen, außenpolitischer Sprecher und 2010 Senior Transatlantic Fellow beim German Marshall Fund in Washington, lehnte die Ansichten des Brandenburgers mit der Begründung ab, sie seien "kein guter Rat an die deutsche Politik". Und weiter: "Die nachträgliche Anerkennung der Annexion der Krim [sei] ein Präzedenzfall mit destabilisierender Wirkung weit über die Ukraine hinaus."
Noch wesentlich aggressiver äußerte sich der Geschäftsträger der ukrainischen Botschaft in Deutschland, Vasyl Khymynets.
Dieser erklärte in einem Interview mit dem Tagesspiegel, dass alle, die versuchen würden Russlands Vorgehen auf ukrainischem Boden zu rechtfertigen, ebenfalls als Mittäter angesehen werden und aus ukrainischer Sicht "eine Mitschuld an diesem Vorgehen" tragen.
"Es macht uns Sorge, dass Herr Platzeck in Deutschland dafür wirbt, die Annexion der Krim anzuerkennen. Er soll lieber seinen Geschäftspartnern in Moskau deutlich machen, dass eine Verletzung des Völkerrechts nicht hingenommen werden kann", so der ukrainische Diplomat abschließend.
Dazu, wie die aktuelle Lage auf diplomatischem Wege gelöst werden könnte, äußerte sich Khymynets leider nicht.