Wenn Freunde zu Feinden werden - Angst vor Putsch in Kiew
Der Freund an der Front wird zum Feind in der Hauptstadt. Rechtsextreme ukrainische Milizen drohen zur Durchsetzung ihrer Interessen mit Putsch und Ermordung von Abgeordneten der Rada.
Solange Freiwilligen-Bataillone wie Donbass und Aidar ihr Gewaltpotenzial in der Ostukraine auslebten, ließ die ukrainische Regierung sie gewähren und bezeichnete sie als Verbündete "im Kampf gegen die Separatisten". Doch zurückgekehrt aus dem Kampfgebiet versetzen die Milizen die ukrainische Hauptstadt Kiew langsam aber sicher in Angst und Schrecken.
"Es ist eine Sache, wenn sie unser Land im Osten verteidigen. Es ist etwas anderes, wenn sie schwerbewaffnet in Städten agieren, besonders in der Hauptstadt Kiew. Ich denke, das ist eine Gefahr. Es ist Konsens, dass sie unvorhersehbar handeln. Sie können selbst einen Militärputsch durchführen", verkündete Olena Yakhno, Sprecherin der Staatsanwaltschaft, auf ihrer Facebook-Seite.
So ganz aus der Luft gegriffen sind die Befürchtungen der Staatsanwaltschaft nicht. Amnesty International wirft dem Freiwilligen-Bataillon Aidar schwere Menschenrechtsverletzungen vor:
"Wir haben Folter dokumentiert, Misshandlungen, Entführungen und Lösegeld-Erpressung. Die fehlende Untersuchung solcher Straftaten und die fehlende Kontrolle dieser Bataillone führen immer wieder zu solchen Verstößen", erklärte Bogdan Ovcharuk, Sprecher der Menschenrechtsorganisation in der Ukraine.
Ein Ultimatum soll den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko bereits erreicht haben. "Wenn eine einzige Stadt aufgegeben werden sollte, wird der Präsident von seinem Sitz fliegen, es wird einen Putsch geben und die Soldaten werden die Macht übernehmen", verkündete ein Kommandant des Donbass-Bataillons.
Hätte die ukrainische Regierung nur besser den Worten von Salil Shetty, dem Generalsekretär von Amnesty International, gelauscht. Dieser hatte die Regierungsspitze bei seinem letzten Besuch in Kiew dazu aufgefordert, die Freiwilligen-Bataillone stärker unter Kontrolle zu halten. Dann hätte sich das Drohpotenzial, wie im Falle des Kommandeurs Taras Konstanchuk, gar nicht erst in dieser Form entwickeln können. Dieser hatte kürzlich verlauten lassen: "Abgeordnete der Rada [ukrainisches Parlament] die falsche Entscheidungen treffen, werden das Parlament mit den Füßen voran verlassen."
Der von den Freiwilligen-Bataillonen aufgebaute politische Druck, trägt auch schon erste Früchte. Kiews neu ernannter Polizeipräsident ist Vadim Troyan, Neonazi und Azow-Mitglied.