Afghanistan: Taliban stürmen Gefängnis und befreien 150 ihrer Kämpfer
Kämpfer der Taliban-Miliz in Afghanistan haben ein Gefängnis in der Stadt Ghazni angegriffen und dabei mindestens vier Polizeibeamte getötet. Es gelang den Angreifern 352 Gefangene zu befreien. Die Gruppe ließ mitteilen, es wären dabei "wichtige militärische Kader der Mudschaheddin" befreit worden. Die Taliban beherrschen mittlerweile vier von sechs Provinzen der Region Kundus, in der bis 2013 deutsche ISAF-Truppen stationiert waren.
Ein Reuters-Reporter bestätigte, es seien nach dem Angriff noch die Überreste zweier Selbstmordattentäter und eines explodierten Fahrzeuges zu sehen gewesen. Der Sprengstoff wäre verwendet worden, um den Haupteingang zum Gefängnis zu sprengen.
Der Gouverneur von Ghazni, Mohammed Ali Ahmadi, bestätigte, dass sich unter den befreiten Gefangenen auch 150 Taliban befunden hätten und dass bei dem Angriff vier afghanische Sicherheitsleute und sieben Taliban-Kämpfer getötet worden wären.
Die afghanischen Sicherheitskräfte waren zurückhaltender mit Informationen und bestätigten lediglich, dass "zahlreiche" Gefangene entkommen seien.
Taliban-Sprecher Zabihullah Mujahid erklärte, es seien "alle" Gefangenen im Zuge des Angriffs befreit worden, der um 2 Uhr morgens (22 Uhr GMT) stattgefunden habe. Er sprach von 40 getöteten Sicherheitsleuten und davon, dass "wichtige Kader der militärischen Mudschaheddin" freigekommen wären.
Während sich in einigen größeren Städten Afghanistans die Sicherheitslage seit dem Beginn des Abzugs der US-amerikanischen Truppen als verhältnismäßig stabil gezeigt hat, ist in einigen Provinzen des Landes eine gegenläufige Entwicklung zu verzeichnen und die Taliban befinden sich, nicht zuletzt auch dank der Unterstützung durch ausländische Kämpfer und Waffenlieferanten, wieder auf dem Vormarsch.
Unter anderem beherrscht die Miliz vier von sechs Provinzen der Region Kundus, wo bis 2013 deutsche ISAF-Truppen stationiert waren. Es ist nicht auszuschließen, dass es den Taliban gelingen wird, noch weitere Regionen unter ihre Kontrolle zu bringen oder am Ende sogar wieder die Macht im Lande zu übernehmen.
Für Europa könnte sich die Intervention auch infolge der immer größeren Bedeutung des Schlepperwesens rächen, das in den afghanischen Städten Fuß gefasst hatte und effizient vernetzt ist. Über Facebook verbreiten zahlreiche Afghanen "Erfolgsgeschichten", die es bereits nach Europa geschafft haben. Auch Informationen mit Listen zu Sozialstandards in EU-Ländern werden dort veröffentlicht.
Nicht nur die prekäre Sicherheitslage, auch Korruption und das Fehlen wirtschaftlicher Perspektiven begünstige die Neigung vor allem junger Afghanen, sich auf den Weg in den Westen zu machen. Darüber hinaus herrschen in zahlreichen Territorien noch Warlords, die im Zuge der westlichen Intervention an die Macht gebracht worden waren und keine Anstalten zeigen, auf ihre Privilegien zu verzichten.