Ägypten: Muslimbruderschaft ruft nach Mord an Funktionären zum Aufstand gegen Regierung auf

Die Lage in Ägypten spitzt sich angesichts zunehmender staatlicher Repressalien gegen die Muslimbruderschaft zu. Nun ruft die religiös-konservative Bewegung nach der Ermordung zahlreicher Führungskader zur offenen Rebellion gegen die al-Sisi-Regierung auf und betont, dass Gewaltverzicht sich nicht bewährt hat.
Nach neun "kaltblütigen" Morden an hochrangigen Muslimbrüdern in einem Kairoer Hotel hat die islamische Bewegung am Mittwoch eine Erklärung veröffentlicht, in der sie "das ägyptische Volk" zum Aufstand gegen die Regierung des ehemaligen Generals Abdel Fattah al-Sisi auffordert. "Kommt raus zum Aufstand und Verteidigung eures Landes, für euch selbst und eure Kinder", fordern die Muslimbrüder in dem Aufruf und betonten weiter: "Zerstört die Zitadellen der Unterdrückung sowie Tyrannei und fordert Ägypten wieder zurück." Die Bruderschaft erklärte, dass die jüngsten Morde einen "Wendepunkt" für Ägypten markieren und diese schwerwiegende "Folgen" nach sich ziehen würden. Beobachter fürchten, dass es zu einer neuen Eskalation der Gewalt kommen werde. Das von den USA subventionierte ägyptische Militär geht seit 2013 mit brutaler Gewalt gegen Kritiker im Land vor. Die Bruderschaft bezeichnet Präsident al-Sisi als einen "Schlächter", der die Bruderschaft durch sein anhaltend hartes Durchgreifen regelrecht zur Radikalisierung zwingt, um sich in weiterer Folge womöglich auch im Westen als Vorkämpfer gegen den islamistischen Terrorismus zu präsentieren. Die Muslimbruderschaft glaubt nicht mehr an eine friedliche Lösung und beschwört, sich durch den Staatsapparat nicht mehr unterdrücken zu lassen. Erst im Juni 2015 war der demokratisch gewählte Präsident Ägyptens, Muhammed Mursi, wegen angeblichem "Geheimnisverrat" zum Tode verurteilt worden. Zuvor hatte der Militärapparat des Landes unter Führung al-Sisis den Präsidenten gestürzt. Seitdem verfolgt Kairo einen radikalen Säuberungsprozess, der vor systematischer Gewaltanwendung nicht zurückschreckt, und sich hauptsächlich gegen die Muslimbruderschaft richtet.