Betreutes Denken statt Meinungsfreiheit? Salve.TV und RT Deutsch im Visier der Meinungswächter
RT Deutsch kooperiert seit Ende April mit dem Thüringer Lokalsender Salve.TV. Im Programm des kleinen Fernsehsenders wird seit April die RT Sendung "Der Fehlende Part" ausgestrahlt. Was im Rahmen der Meinungsfreiheit eigentlich kein Grund zur Aufregung sein sollte, ruft seit einigen Wochen Meinungskommissare aus Politik und Verwaltung auf den Plan. Wie steht es um eine Demokratie, die ihre Bürger von alternativen Sichtweisen auf politische Fragen und Tehmen abhalten will?
Da sind die Meinungswächter in heller Aufregung: Der thüringische Lokalsender Salve TV erdreistet sich doch tatsächlich die Sendung "Der Fehlende Part" von RT Deutsch terrestrisch auszustrahlen. Seit 28. April 2015 kann die tägliche Polit-Sendung auch über die Fernsehgeräte in den Regionen um Erfurt, Weimar, Arnstadt und Apolda empfangen werden. Der Salve.TV-Herausgeber Klaus-Diether Böhm begründete die Kooperation in einem Video-Statement. Betroffen von den Russland-Sanktionen sind, so Böhm, zahlreiche Unternehmen aus Thüringen und wer denkt, ein Lokalsender habe sich nur mit örtlichen Dorffesten oder dem ansässigen Schützenverein zu beschäftigen, der irre. Im gestrigen Video-Interview mit RT Deutsch sagte der Salve.TV-Macher dazu:
"Im Großen wie im Kleinen hängt alles zusammen."
Böhm berichtet auch von einer Vielzahl mittelständischer Unternehmen in der Region, die vom westlichen Konfrontationskurs mit Russland in ihrer Existenz bedroht sind. Aus diesem Grund ist es für den Thüringer wichtig, auch Zwischentöne und andere Sichtweisen auf das politische Geschehen zu zeigen.
Doch darf das sein? Einige Politiker im Erfurter Landtag und die Meinungswächter der Thüringer Landesmedienanstalt meinen wohl nein. So fordert beispielsweise eine "Querfront" aus Grünen-Politikern, Vertretern der CDU, AfD, SPD und der Linkspartei eine Art staatlich betreutes Denken und nimmt vor allem Anstoß daran, dass die rund halbstündige Sendung von RT Deutsch "unkommentiert" ausgestrahlt wird. Wie soll man sich die Forderungen der Medienpolizei vorstellen? Soll nach jedem Beitrag von RT Deutsch ein Vertreter der Atlantikbrücke - wie sonst üblich in den deutschen Medien - die Interessen und Ansichten der NATO und US-Regierung vermitteln? Und heißt das dann auch, dass Claus Kleber, auch Mitglied jener Atlantikbrücke, ebenfalls nicht mehr unkommentiert sein "heute journal" im ZDF ausstrahlen darf? Immerhin wird in solchen Sendungen ja im großen Stil "Propaganda einer fremden Macht" betrieben, wie es ein AfD-Politiker nun einseitig Salve.TV vorwirft.
Es ist davon auszugehen, dass die Medienwächter weiterhin schweigen, wenn es darum geht die transatlantischen Verstrickungen, die zumindest indirekte Geheimdienst-PR und den Wirtschaftslobbyismus im deutschen Medienmainstream kritisch zu benennen. Denn wie so oft bei den Kommissaren über das richtige Denken sind Doppelstandards und Einseitigkeit integraler Bestandteil des eigenen Handelns.
Die Landesmedienanstalt hat sich Salve.TV indes zur Brust genommen und versucht es mit der bereits erwähnten Argumentationslinie, lokal und regional aktive Menschen dürfen sich nicht mit der "großen Politik" beschäftigen. Traditionelle Trachten ja, Fragen über Geopolitik nein. Ein erschreckendes Verständnis von Meinungsfreiheit und politischer Teilhabe, das sich hier offenbart.
Wer zu verhindern versucht, dass sich Menschen aus der Vielfalt medialer Inhalte - auch unter Einbeziehung alternativer und internationaler Medien - eine eigene Meinung zu politischen Fragen bilden, der sollte peinlich berührt schweigen, wenn es mal wieder um die Frage geht, wie es eigentlich um die Demokratie im eigenen Land bestellt ist.