Fair, ethisch und zinsfrei – Islamische Bank eröffnet erste Filiale in Deutschland
Die erste Vollbanklizenz für das Privat- und Firmenkundengeschäft, die das nach islamischen Regeln arbeitende Bankhaus Kuveyt Türk (KT) Bank AG in Mannheim Mitte März erhalten hat, hat das global bislang vor allem in Malaysia und Bahrain, in Europa primär in London weit verbreitete Islamic Banking auch in Deutschland zum greifbaren Faktor vor Ort gemacht. Im Juni sollen weitere Filialen in Berlin und Frankfurt folgen.
Die Kuveyt Türk (KT) Bank AG ist ein Tochterunternehmen der in Istanbul sitzenden KT Katilim Bankasi mit einer Bilanzsumme von rund 31 Milliarden Euro. Sie sieht ein enormes Potenzial für islamischen Banking auch in Deutschland.
Bis dato hatte es lediglich ausgewählte Finanzdienstleister gegeben, die von Deutschland aus über ausländische Anbieter zinsfreie Verträge vermitteln konnten, oder bestenfalls Nischenprodukte etablierter Anbieter, die an und ab Halal-Investmentfonds in ihr Portfolio aufgenommen hatten.
Wie der Generalbevollmächtigte der derzeit 70 Mitarbeiter zählenden Bank, Ugurlu Soylu, gegenüber dem "Focus" erklärte, wolle man seine Angebote jedoch nicht alleine an die etwa vier Millionen Muslime richten, die in Deutschland leben. "Auch für Christen und Juden und für alle, die unsere Maßstäbe teilen, ist unser Angebot interessant", äußerte sich Soylu gegenüber dem Magazin.
Die Wertmaßstäbe, nach denen sich islamisches Banking richtet, dürften zumindest auch in der gläubigen Zielgruppe anderer Religionsgemeinschaften durchaus konsensfähig sein. Islamische Banken engagieren sich nicht in Bereichen wie Rüstung, Alkohol, Glücksspiel, Tabakwaren oder Prostitution. Ein Ethikrat aus Islamwissenschaftlern und Wirtschaftsexperten wacht über die Einhaltung dieser Grundsätze.
Eine Kosher Bank ist in Deutschland bislang unbekannt, Angebote dieser Art sind allenfalls in Israel oder den USA verfügbar. Und was christliches Ethik-Investment anbelangt, ist das Angebot ebenfalls zumindest in Deutschland dünn gesät. Eine Option war bislang der LIGA-Pax-Cattolico-Union Investmentfonds von Union Investment, der streng nach katholischen Maßstäben operiert.
Soylu zufolge habe das islamische Bankhaus ein engeres Geschäftsfeld als konventionelle Banken, aber ein breiteres als die bisher in Deutschland aktiven ethischen Banken.
Das Non plus Ultra des islamischen Bankings ist der Verzicht auf Zinsen und spekulative Geschäfte, beispielsweise mit wettähnlichen Derivaten. Auf diese Weise soll auch die Realwirtschaft gestärktwerden.
Jede Transaktion der islamischen Bank basiere auf dem Kauf eines realen Gutes. Die Bank erwirbt etwa ein Auto oder ein Haus und verkauft es mit Gewinnaufschlag an einen Kunden weiter, der den Kaufpreis seinerseits in Raten abbezahlt. Im Ergebnis entsteht damit eine Situation, die man auch von herkömmlichen Darlehens- oder Leasingkonstruktionen her kennt.
Die Kreditvergabe erfolgt aus einem Pool, in dem die Einlagen der Sparer gesammelt werden. Der einzelne Sparer wird an der durchschnittlichen Rendite aller Kreditgeschäfte beteiligt. Die islamischen Banken sind deshalb in erster Linie Beteiligungsbanken, weil durch Beteiligungen Investoren sowohl an den Gewinnen als auch am Risiko beteiligt sind. "Der Gemeinschaftsgedanke steht dabei im Vordergrund", erklärt Soylu gegenüber dem "Focus". Und im Ergebnis ist die Gefahr der Bildung von Spekulationsblasen geringer als bei konventionellen Modellen.
Dieser Artikel erschien zuerst in leicht modifizierter Form bei Eurasia-News.