Polnischer Präsident mit Erinnerungslücken: 20. Jahrhundert kennt kein vergleichbares Verbrechen wie das Massaker von Katyn
Ein Fernsehbericht des russischen TV-Senders Rossiya24 sorgt in Polen für Aufregung. Anlässlich der Gedenkfeiern zum Massaker von Katyn hatte der Fernsehsender berichtet, dass der polnische Präsident Bronislaw Komorowski die Hinrichtung der polnischen Offiziere durch sowjetischen Truppen, als das größte Kriegsverbrechen des 20. Jahrhunderts bezeichnet habe und damit versuche die Verbrechen des Hitlerfaschismus zu relativieren. Während polnische Medien behaupten, Rossiya24 hätte bewusst die Worte des Präsidenten verdreht, spricht das offizielle Redeskript für die Version des russischen Senders.
Wie beispielsweise Radio Polen am Montag erklärte, "verdrehe" die Berichterstattung des russischen Senders Rossiya24 die Ansprache des polnischen Präsidenten im Rahmen der Gedenkzeremonie. So soll laut Radio Polen, der Sender die Rede des polnischen Staatsoberhauptes falsch kommentiert haben, um ihm damit die Relativierung von Nazi-Verbrechen vorwerfen zu können.
In seiner Rede zum Jahrestag des Massakers durch sowjetische Militärs und Geheimdiensten an polnischen Offizieren im Wald von Katyn, erklärte der polnische Präsident nach Angaben des russischen Senders, dass es kein größeres Kriegsverbrechen als dieses im 20. Jahrhundert gegeben hätte.
Rossiya 24 kommentierte Komorowskis Ansprache mit den Worten:
"Offensichtlich habe oder wollte der Präsident nicht an die Verbrechen der Nazi-Schergen in Polen erinnern. Hierbei handelt es sich um ein erneutes Signal der Geschichtsumschreibung durch die politische Elite Polens."
Radio Polen widersprach derweil dem russischen Sender:
"Der Kopf des polnischen Staates hatte es nicht vergessen, auch an die Verbrechen der Nationalsozialisten zu erinnern und er hat auch die Tötung der polnischen Offiziere nicht als das schrecklichste Verbrechen des 20. Jahrhunderts bezeichnet."
Auf der offiziellen Webseite des polnischen Präsidenten ist das Redeskript einsehbar. Laut diesem sagte Komorowski:
"Die stalinistischen Verbrecher hoben ihre Hände gegen Kriegsgefangene und ermordeten alle oder fast alle der polnischen Offiziere, die sie im Jahre 1939 als Geisel nahmen. Das 20. Jahrhundert kennt kein vergleichbares Verbrechen. "
Während ein Großteil der polnischen Presse in den anklagenden Tonfall von Radio Polen einfiel, argumentierte die liberale und normalerweise stramm anti-russische Zeitung Gazeta Wyborcza:
"Im Verlauf von fünf Jahren der Besatzung haben die Deutschen mehrere Millionen polnische Bürger ermordet, das Land vollkommen zerstört, sowie die Universitäten und Schulen geschlossen. Der deutsche Generalplan Ost sah die physische Eliminierung aller gebildeten Polen vor und Zwangsarbeit für den Rest der Bevölkerung und Zwangsdeportation in den Urual. Wie kann man im Vergleich dazu, die Sünden der Sowjetunion während 40 Jahren in Polen auch nur ansatzweise vergleichen?"