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Angst als Waffe: Warum fürchten US-Politiker chinesischen Knoblauch?

Angst ist für Washington ein wichtiges Mittel zur Zentralisierung der eigenen Macht und wird daher bei jeder Gelegenheit gesucht und geschürt. Die USA betrachten Angst als eine sehr mächtige Waffe, um Konformität und Einheit voranzutreiben. Und es funktioniert.
Angst als Waffe: Warum fürchten US-Politiker chinesischen Knoblauch?Quelle: AFP © Noel Celis

Von Timur Fomenko

Der Senator von Florida, Rick Scott, wurde kürzlich online lächerlich gemacht, nachdem er geäußert hatte, dass chinesische Knoblauchimporte in die USA eine "Bedrohung für die nationale Sicherheit" seien. Dies mag absurd klingen, aber es ist tatsächlich üblich, dass US-Politiker solche Behauptungen über alles äußern, was aus China kommt – egal wie lächerlich es auch sein mag.

Es gab zahlreiche Beispiele, darunter einen Wetterballon, Kühlschränke, Kaffeemaschinen, Kräne, Elektroautos, U-Bahn-Wagen, Studenten, Konfuzius-Institute, Huawei und TikTok. Die Liste ist endlos. Dies ist keineswegs skurril, sondern für US-Senatoren die Norm. Auf die eine oder andere Weise, ist alles, was aus China kommt, auf bösartige Weise mit einer Verschwörung der Kommunistischen Partei verbunden und es gibt keinen Raum für Normalität.

Um zu verstehen, warum das so ist, muss man anerkennen, dass die Politik der USA grundsätzlich mit Angst operiert. Die USA sind eine riesige föderalistische Demokratie mit über 300 Millionen Menschen, die in sehr unterschiedlichen Regionen leben und polarisierte Weltanschauungen haben. Die US-Verfassung verankert diese Struktur. Früher verfügten die Staaten über mehr Macht und Autonomie als dies heute der Fall ist. Der amerikanische Bürgerkrieg von 1861 bis 1865 und seine Folgen daraus, führten jedoch zu einer politischen Entwicklung, die auf verschiedene Weise zur Zentralisierung der Exekutivgewalt tendierte.

Dieser Trend setzte sich bis ins 20. Jahrhundert fort und wurde maßgeblich vom Ersten und Zweiten Weltkrieg sowie der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre beeinflusst. Wie hält man eine Nation angesichts solcher Herausforderungen zusammen? Nicht nur durch eine Zentralisierung, wie sie im Zuge der Ausweitung der föderalen Autorität durch Franklin D. Roosevelts sogenannten New Deal bewirkt wurde, sondern auch durch das Heraufbeschwören von Angst, um die Einheit und Konformität in einer Nation aufrechtzuerhalten, die schon immer – und insbesondere heute – bitter gespalten war. So begannen die USA mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs und dem Ausbau der Radio- und Fernsehtechnologie, ihren Propagandaapparat zu intensivieren, um die Unterstützung der Öffentlichkeit für ihre Außenpolitik zu festigen.

Daher wurde der Einsatz von Angst als Waffe seit dem Kalten Krieg zum wichtigsten Instrument der USA zur Legitimierung seiner außenpolitischen Ziele und zur Durchsetzung der inneren Einheit, selbst inmitten kontroverser Debatten im eigenen Land. Der erste bemerkenswerte Ausdruck davon war die Ära von Joseph McCarthy und seiner Jagd auf Kommunisten in den 1950er-Jahren. US-Staatsbeamte lernten rasch, irrationale Angst als Waffe anzuwenden, diese Angst zu übertreiben und sie dafür zu nutzen, um eine Loyalität der Bevölkerung gegenüber dem Staat zu erzwingen, indem sie wilde Verschwörungstheorien über Infiltration und Subversion verbreiteten. Sie nutzten dies auch, um politische Debatten zu beenden und abweichende Meinungen zu unterdrücken, indem sie das Ausmaß der Paranoia als Hammer nutzten, um damit Kritik zu verhindern, oft indem sie den Kritikern vorwarfen, vom Gegner kompromittiert oder auf irgendeine andere Weise unglaubwürdig zu sein.

Die Waffe der Angst in diesem Sinne wird dann eingesetzt, wenn Zustimmung zu einer aggressiven Politik geschaffen werden muss, um die Öffentlichkeit durch diese Angst und diese Schrecken zur Unterstützung dieser Politik zu bewegen. Das berühmteste moderne Beispiel für die Verwendung von Angst war etwa die falsche Behauptung, Saddam Hussein besitze Massenvernichtungswaffen, wodurch die Invasion im Irak gerechtfertigt wurde. Die derzeitige außenpolitische Priorität der USA ist Peking, und Washington nutzt dabei erneut antikommunistische Paranoia, um alles Chinesische, das in den USA ankommt, zu diskreditieren.

Washingtons Kopfschmerzen mit China hängen mit der Wirtschaft und dem Handel zusammen, weshalb US-Politiker jeweils die Sprache von "nationaler Sicherheitsbedrohung" verwenden, um Angst vor chinesischen Produkten und Dienstleistungen zu schüren, die sie nicht mögen. Gewöhnlich geschieht dies dadurch, dass das betreffende Produkt oder die Dienstleistung auf absurde Weise mit Spionage in Verbindung gebracht wird. Im Fall von Knoblauch aus China wählte Senator Scott zumindest einen plausibleren Angriffswinkel und sprach von der Durchsetzung von Handelsregeln und der Eindämmung "einer ernsten Besorgnis für die öffentliche Gesundheit", wegen Chinas angeblich unhygienischen Praktiken "bei der Aufzucht von Knoblauch".

Was auch immer der konkrete Vorwurf sein mag, das Endziel einer solchen Panikmache besteht stets darin, das Zielprodukt gewaltsam vom amerikanischen Markt zu verdrängen und dann die Verbündeten davon zu überzeugen, dasselbe zu tun. Dies zeigt sich vor allem bei der Behandlung der Beteiligung von Huawei an westlichen 5G-Netzen. Ohne stichhaltige Beweise wurde Huawei vorgeworfen, ein Sicherheitsrisiko darzustellen und im Auftrag Chinas zu spionieren. Nach amerikanischer Art wird der Vorwurf immer und immer wieder wiederholt, bis dann die etablierten Medien die Funktion übernehmen, diese Behauptungen unkritisch nachzuplappern, indem sie als unvoreingenommene "Bedenken" vermittelt werden, ohne das wahre Motiv zu beleuchten. Es bringt die öffentliche Meinung gegen das Ziel auf und sichert die gewünschten außenpolitischen Ergebnisse.

Ausgerechnet Knoblauch als "nationale Sicherheitsbedrohung" zu bezeichnen, wurde zu Recht ausgelacht und offenbarte damit die Grenzen dieser hysterischen Taktik. Das wahre Motiv von Senator Rick Scott bestand offensichtlich darin, auf die Abschaffung der Importe von chinesischen Agrarprodukten zu drängen, um US-Produzenten zu bevorteilen. Bis zu einem gewissen Grad haben aufeinanderfolgende US-Regierungen stets dasselbe getan, obwohl sie als üblichen Ansatz die angebliche "Zwangsarbeit" in China vorbrachten und versuchten, Menschenrechte als Waffe gegen Waren wie Tomaten oder Baumwolle aus Xinjiang einzusetzen.

Der reine Unsinn des Vorstoßes von Senator Rick Scott zeigt jedoch nur auf, dass die Paranoia in der US-Politik bewusst opportunistisch ist und selten auf Fakten basiert. Die USA betrachten Angst als eine sehr mächtige Waffe und als ein Instrument für die Überzeugung der Öffentlichkeit für eine Sache, um Konformität und Einheit in einer ansonsten erbittert gespaltenen politischen Ordnung voranzutreiben, die zudem einer verfassungsrechtlich begrenzten zentralen Autorität untersteht. Und es funktioniert.

Übersetzt aus dem Englischen.

Timur Fomenko ist ein politischer Analyst.

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