Die EU findet keinen Weg, um nicht länger ein Vasall der USA zu sein
Von Bradley Blankenship
Tucker Carlson, bekannt von den Fox News, traf sich kürzlich mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić im ungarischen Budapest. Der Journalist wies darauf hin, dass die Zerstörung der Nord-Stream-Pipeline eine ernsthafte Belastung für die Wirtschaft der Europäischen Union darstelle und erwähnte, dass die Welt, als Reaktion auf den Konflikt in der Ukraine und die zugesagte Unterstützung des Westens für Kiew, einen "Neustart" durchführe.
Carlson brachte einige gute Themen zur Sprache, und ein wichtiges Thema, das es zu vertiefen gilt, ist die Tatsache, dass die EU-Wirtschaft seit Kriegsausbruch im vergangenen Jahr deutlich ins Stottern geraten ist. In einem Artikel vom vergangenen Juni in der Financial Times mit dem Titel "Europa ist hinter Amerika zurückgefallen und der Abstand wächst", wird ausführlich dargelegt, wie die EU in Bezug auf ihre technologischen, sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Bedürfnisse mittlerweile erheblich von den USA abhängig ist.
In Bezug auf harte Zahlen haben Jeremy Shapiro und Jana Puglierin vom Think-Tank European Council on Foreign Relations (ECFR) festgestellt: "Im Jahr 2008 war die Wirtschaft der EU etwas größer als die der USA: 16,2 Billionen US-Dollar gegenüber 14,7 Billionen US-Dollar. Bis 2022 war die US-Wirtschaft auf 25 Billionen US-Dollar gewachsen, während die EU und das Vereinigte Königreich zusammen nur 19,8 Billionen US-Dollar erreichten. Die US-Wirtschaft ist mittlerweile um fast ein Drittel größer und somit mehr als 50 Prozent größer als die EU ohne Großbritannien."
Der Artikel beschreibt dann weiter eine Europäische Union, die in Bezug auf hochwertige Universitäten, mit einem alles andere als makellosen Umfeld für Start-ups und wegen des Wegfallens eines wichtigen Vorteils – günstige Energie aus Russland – weit hinter den USA und China zurückbleibt. Der Ukraine-Konflikt hat sich so sehr auf die Energiepreise ausgewirkt, dass Unternehmen in der EU das Drei- bis Vierfache dessen zahlen müssen, was ihre US-amerikanischen Konkurrenten zahlen, wobei die USA energieunabhängig sind und über eine große heimische Energieförderung verfügen. Unterdessen fehlt in der EU die Energie aus Russland, europäische Fabriken schließen in Massen und Branchenführer machen sich Sorgen um die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit.
Das ECFR veröffentlichte im April einen eigenen Bericht zu diesem Thema, der die Situation wesentlich deutlicher als eine Art "Vasallentum" beschreibt. In der Zusammenfassung dieses Berichts wird darauf hingewiesen, dass der Krieg in der Ukraine die wichtigsten Abhängigkeiten der EU von den USA offengelegt hat, dass die Union im Laufe eines Jahrzehnts in nahezu allen wichtigen Bereichen hinter die USA zurückgefallen ist, dass man in Brüssel in Meinungsverschiedenheiten festgefahren ist und nun in Richtung Washington blickt und von dort Führung erwartet.
Der ECFR hat zwei Ursachen für diese Situation festgestellt. Erstens waren die transatlantischen Beziehungen – trotz des allgemein anerkannten Niedergangs der USA im Vergleich zum Aufstieg Chinas in den vergangenen 15 Jahren – seit der Finanzkrise 2008 zugunsten Washingtons unausgewogen. Die Regierung von Joe Biden ist bestrebt, dies auszunutzen und sich angesichts eines zerfahrenen Europas zu behaupten. Zweitens weiß niemand in der EU, wie eine größere strategische Autonomie aussehen könnte – geschweige denn, dass man sich darauf einigen könnte, wenn man es täte. Angesichts des Status quo gibt es keinen Prozess, um autonom über die Zukunft der EU zu entscheiden, was bedeutet, dass die Führung der USA notwendig ist.
Das ergibt ein recht interessantes Bild. Viele Kommentatoren, darunter auch ich, haben den Niedergang der USA seit Langem dokumentiert und ihn auf eine Reihe von Faktoren zurückgeführt: ein weniger attraktives Umfeld für ausländische Direktinvestitionen, finanzielle Instabilität, Korruption und interne politische Unruhen. Dies wird natürlich auf China relativiert, das seit der Gründung der Volksrepublik und insbesondere in den vergangenen vier Jahrzehnten, ein enormes Wirtschaftswachstum verzeichnete. Aber im Fahrwasser einer schwächelnden USA und eines erstarkenden Chinas hat auch die EU an Bedeutung verloren.
Die beiden vom ECFR festgestellten Ursachen scheinen miteinander verknüpft zu sein. Viele der zentralen Probleme, mit denen die EU konfrontiert war und ist, von der Migration über die Bankenkrise bis zu COVID-19, sind direkt auf den nicht föderalen Charakter der EU zurückzuführen. Und die aktuellen politischen Krisen sind ein Ergebnis des Euroskeptizismus, das heißt, einer Gegenreaktion auf das, was einige politische Kreise innerhalb der Union als Übergriff Brüssels empfinden. Die EU ist eine komplizierte und manchmal schwerfällige Bürokratie, die von einigen geschätzt, von anderen verachtet wird und unter diesen Annahmen ein Hindernis für die strategische Autonomie darstellt.
Der ECFR plädiert im Wesentlichen dafür, dass sich die Hauptstädte der EU und Westeuropas der transatlantischen Partnerschaft anschließen, allerdings zu für sie günstigen Bedingungen. Dazu gehört die Schaffung einer unabhängigen Sicherheitsarchitektur innerhalb und als Ergänzung zur NATO, die Schaffung einer Art wirtschaftlichen NATO und sogar die Verfolgung eines europäischen Atomwaffenprogramms. Zumindest die beiden ersteren sind akzeptabel, da es für die EU zum jetzigen Zeitpunkt politisch dumm wäre, die USA völlig aufzugeben. Es muss unbedingt ein transatlantisches Freihandelsabkommen ausgearbeitet werden, das dem amerikanischen Handelsprotektionismus ein Ende setzt.
Um jedoch zur Diversifizierung des europäischen Portfolios in der Wirtschaft beizutragen, wirklich problematische Abhängigkeiten zu verringern und das Wachstum anzukurbeln, liegt es auf der Hand, dass die EU Beziehungen auf Augenhöhe mit dem Globalen Süden aufbaut. Zum einen könnte das EU-Parlament jetzt das umfassende Investitionsabkommen zwischen China und der EU ratifizieren, um ihren Unternehmen dabei helfen, Marktzugang in China zu erhalten und somit einen der weltweit größten Verbrauchermärkte zu erschließen. Ich würde auch argumentieren, wie ich es in der Vergangenheit bereits getan habe, dass die EU und China, aufgrund der historischen Verbindungen Europas und aufgrund seiner kolonialen Vergangenheit, bei der Belt and Road Initiative im Globalen Süden zusammenarbeiten könnten – statt in Konkurrenz zu treten.
Klar ist, dass die EU ihre transatlantischen Beziehungen diversifizieren und sogar davon abrücken muss. Da viel über "Risikoabbau" oder sogar "Entkopplung" von China gesprochen wird, ist Europa tatsächlich in eine Position geraten, in der es strategisch von Washington abhängig ist und sogar in völligem Vasallentum steht. Dies ist eine düstere Situation für das Wachstumsmodell der EU und ihre Hoffnungen auf strategische Autonomie.
Aus dem in Englischen.
Bradley Blankenship ist ein in Prag lebender amerikanischer Journalist, Kolumnist und politischer Kommentator. Er hat eine Kolumne bei CGTN und ist freiberuflicher Reporter für internationale Nachrichtenagenturen, darunter die Nachrichtenagentur Xinhua. Er twittert auf @BradBlank_.
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