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"Pseudo-Experten": Drosten diffamiert namhafte Kollegen von Harvard, Oxford und Stanford

Einmal wöchentlich wird ein Podcast mit dem in Deutschland sehr bekannten Virologen Christian Drosten veröffentlicht. Diesmal nahm er sich die Wissenschaftler der sogenannten Great-Barrington-Erklärung zur Brust. Laut dem Virologen handele es sich bei den renommierten Kollegen um "Pseudo-Experten".
"Pseudo-Experten": Drosten diffamiert namhafte Kollegen von Harvard, Oxford und StanfordQuelle: www.globallookpress.com

Er gilt für die Bundesregierung und einen großen Teil der Bevölkerung als der Experte in Sachen COVID-19: Der Leiter des Instituts für Virologie an der Berliner Charité Prof. Dr. med. Christian Drosten. Einmal wöchentlich lässt er Interessierte teilhaben – an seinen Auslassungen und Einschätzungen zur ausgerufenen COVID-19-Pandemie.

In Folge 82 ("Die Lage ist ernst") widmet sich der Virologe auch dem Thema der "Wissenschaftsleugnung" und nennt dafür "Klimaforschungsleugner" als Beispiel. Drosten klärt auf:

"Das ist dieses PLURV-Prinzip, dass wir hier vielleicht mal anhand von öffentlichen Argumenten besprechen sollten."

Die Abkürzung PLURV steht sinngemäß für "Pseudo-Experten, Logik-Fehler, Unerfüllbare Erwartungen, Rosinenpickerei und Verschwörungsmythen". Das englischsprachige Original heißt FLICC (Fake Experts, Logical Fallacies, Impossible Expectations, Cherry Picking und Conspiracy Myth).

Seit Drosten sich dieser klangvollen Abkürzung bediente, findet sie in den sogenannten sozialen Medien einen großen Wiederhall. Im Drosten-Podcast nimmt die NDR-Wissenschaftsredakteurin Beke Schulmann den Ball auf und möchte mit dem Virologen "die häufigsten Methoden der Desinformation" durchgehen.

Was dann folgt, schlägt auf dem Kurznachrichtendienst Twitter aktuell einige Wellen, denn Drosten erkennt "in der Rückschau auf die Präsentation der Pandemie in den Medien alle diese Prinzipien (PLURV) wieder". So gebe es laut Drosten Experten, die sich gerne im Licht der TV-Scheinwerfer sonnten. Zwar verfügten diese über Professoren- oder Doktortitel, "aber in einem anderen Fach". Häufig handele es sich zudem um "Leute, die schon lange im Ruhestand sind".

Dabei bezieht sich Drosten jedoch keineswegs auf seit einem Jahr in Polit-Talkshows omnipräsente mutmaßliche "Corona-Experten", sondern etwa auf den im aktuellen wissenschaftlichen Diskurs als mutmaßlichen Quacksalber gebrandmarkten und medial daher kaum präsenten Mediziner Wolfgang Wodarg. Diesen nennt Drosten "ganz absichtlich (…) als Paradebeispiel".

"Es gibt noch viele andere, die nicht so frappierend sind in ihrer Erscheinung."

Dann beginnt der große Rundumschlag. Drosten wendet sich gegen eine Gruppe, bei denen es sich laut dem hierzulande in Funk und Fernsehen selbst sehr präsenten Virologen lediglich um "scheinbare Experten" handele:

"Ich sage hier nur Great Barrington Declaration: Das ist eine ganze Gruppe von Pseudoexperten. Die sind alle nicht aus dem Fach, haben sich aber über infektionsepidemiologische Themen laut geäußert, in Form von schriftlichen Stellungnahmen."

Die Great Barrington Declaration, auf die sich Drosten bezieht, wurde im Oktober von drei renommierten Wissenschaftlern der Universitäten Harvard, Oxford und Stanford formuliert. In der Erklärung heißt es:

"Als Epidemiologen für Infektionskrankheiten und Wissenschaftler im Bereich des öffentlichen Gesundheitswesens haben wir ernste Bedenken hinsichtlich der schädlichen Auswirkungen der vorherrschenden COVID-19-Maßnahmen auf die physische und psychische Gesundheit und empfehlen einen Ansatz, den wir gezielten Schutz (Focused Protection) nennen."

Die aktuelle Lockdown-Politik, so sind die Experten überzeugt, zeitige "kurz- und langfristig verheerende Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit". Zu den Konsequenzen zählten demzufolge eine niedrigere Impfrate bei Kindern, schlechtere Verläufe bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, weniger Krebsvorsorgeuntersuchungen und eine Verschlechterung der psychischen Verfassung. All dies werde zwangsläufig "in den kommenden Jahren zu einer erhöhten Übersterblichkeit führen".

Den Ansichten des Trios haben sich inzwischen etliche weitere Forscher und Ärzte angeschlossen.

Bei den von Drosten als "Pseudo-Experten" titulierten Wissenschaftlern handelt es sich im Einzelnen um Dr. Martin Kulldorff, Dr. Sunetra Gupta und Dr. Jay Bhattacharya.

Der schwedische "Pseudo-Experte" Kulldorff ist seines Zeichens Professor für Medizin an der Harvard Medical School und sowohl Biostatistiker als auch Epidemiologe am Brigham and Women's Hospital. Seine Expertise umfasst die Erkennung und Überwachung von Infektionskrankheiten und die Bewertung der Sicherheit von Impfstoffen. 159 wissenschaftliche Arbeiten wurden von dem vermeintlichen PLURV-Experten (mit-)verfasst.

Nachdem bereits Twitter-Nutzer und Kollegen die Äußerungen Drostens als Entgleisungen beurteilten, meldete sich Kulldorff am Mittwoch auf dem Kurznachrichtendienst selbst zu Wort.

"Als Infektions-Epidemiologe würde ich mich über einen öffentlichen wissenschaftlichen Diskurs mit @c_drosten freuen. Debatten sind besser als Verleumdung."

Bei der "Pseudo-Expertin" Nr. 2, Sunetra Gupta, handelt es sich um eine 1965 im indischen Kalkutta geborene Professorin für theoretische Epidemiologie an der Fakultät für Zoologie der Universität Oxford. Zudem fungiert sie als Beirat für die Princeton University Press in Europa. Ihr besonderes wissenschaftliches Interesse gilt der Übertragung von Krankheiten auf den Menschen bei Malaria, AIDS, Influenza und bakterieller Meningitis. Im Jahr 2005 erhielt Gupta von der Royal Society den Rosalind Franklin Award zum Thema "Surviving Pandemics: A Pathogen's Perspective" (dt.: Pandemien überleben: Die Perspektive eines Krankheitserregers).

Der ebenfalls im indischen Kalkutta geborene Jay Bhattacharya, der Dritte im Kreis von Drostens "Pseudo-Experten", ist Professor für Medizin an der Stanford University und wissenschaftlicher Mitarbeiter am National Bureau of Economic Research. Bhattacharya leitet das Center for Demography and Economics of Health and Aging an der Universität in Stanford. Seine Forschung konzentriert sich auf die Gesundheit und das Wohlbefinden von Bevölkerungen, mit einem besonderen Schwerpunkt auf der Rolle von Regierungsprogrammen, biomedizinischen Innovationen und der Wirtschaft.

Die Great-Barrington-Erklärung ist in Fachkreisen nicht unumstritten. So wird etwa Anstoß daran genommen, dass die (mittlerweile von Hundertausenden von Bürgern, darunter von Zehntausenden von Ärzten und Medizinern unterzeichnete) Deklaration am American Institute for Economic Research (AIER) das Licht der Öffentlichkeit erblickte. Die Süddeutsche Zeitung schrieb dazu:

"Zu dessen Geldgebern zählt der US-Öl-Milliardär Charles Koch, ein notorischer Leugner des Klimawandels, seine Stiftung hat schon mindestens eine fünfstellige Summe gespendet. Zudem profitiert das Institut von eigenen Investitionen unter anderem in Mineralöl- und Tabakkonzerne."

Auf Kritik stößt zudem ihr Fokus auf die Herdenimmunität und den "gezielten Schutz" von Risikogruppen. Bezug nehmend auf die Great Barrington Declaration erklärte die Gesellschaft für Virologie e.V.:

"Mit Sorge nehmen wir zur Kenntnis, dass erneut die Stimmen erstarken, die als Strategie der Pandemiebekämpfung auf die natürliche Durchseuchung großer Bevölkerungsteile mit dem Ziel der Herdenimmunität setzen."

Die damit einhergehende Strategie, den Schwerpunkt auf Schutzmaßnahmen für besonders vulnerable Gruppen zu legen, lehne man "entschieden ab".

Angesichts der sogenannten "Dritten Welle" wurde Drosten zuletzt mit den Worten zitiert, dass man "um einen ernsthaften Lockdown nicht herumkommen" werde.

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